Press Reviews: CD/SACD: J. Brahms op.116-119
Markus Groh
Johannes Brahms
Fantasien op. 116, 3 Intermezzi op. 117, Klavierstücke op. 118, Klavierstücke op. 119
Markus Groh (Klavier)
AVIE AV 2136
SACD 79:26 Min. Recorded May 2007. Published June 2008
In German:
„Bereits nach wenigen Takten wird deutlich, dass Groh selbst den Vergleich mit allergrößten Namen wie etwa Arturo Benedetti Michelangeli nicht scheuen muss. Sein Spiel ist eine gelungene Synthese aus Klarheit und romantischem Schmelz. Voller Wärme und Poesie klingt etwa op. 117 Nr. 1 mit der Oberstimme als Primus inter pares, das Legato überzeugt hier ebenso wie die für strukturelle Durchhörbarkeit sorgende sparsame Pedalisierung. In op. 117 Nr. 2 faszinieren die ins Fahle abgetönten Begleitstimmen und in op. 117 Nr. 3 die präzise realisierten Zweier-Bindungen, die nicht pedantisch wirken, sondern in den melodischen Fluss integriert werden. Auch wenn Brahms einmal zum Sentimentalen tendiert – wie etwa im serenadenhaften Mittelteil der ‚Rhapsodie’ aus op. 119 –, gibt Groh diesem nicht nach, sondern bleibt im besten Sinne des Wortes schlicht. (...) Die hervorragende Aufnahmetechnik bildet den Flügel über die SACD-Spur warm und sehr räumlich ab; die CD-Spur präsentiert ihn direkter, aber mit dünnerem Ton.“
(Mario-Felix Vogt, Fono Forum, September 2008, „Stern des Monats“)
„Eine grandiose Aufnahme, die über Jahre hinwg einen Spitzenplatz in der Brahms-Diskographie einnehmen wird.“
(Felix Stephan, Berliner Morgenpost, 12.7.2008)
„Diesem Anfang wohnt ein Zauber inne. Ganz zart lässt der Pianist Markus Groh die Melodielinie des ersten Intermezzos op. 117 in der rechten Hand absteigen, während seine Linke den 6/8-Puls eher andeutet als markiert. ‚Wiegenlieder meiner Schmerzen’ hat Johannes Brahms seine drei Intermezzi einmal genannt. Es sind, wie auch die Fantasien op. 116, die Klavierstücke op. 118 und 119, ganz intime Bekenntnisse, die Groh zu innigen Monologen veredelt. Hatte dieser deutsche Pianist auf seiner letzten CD noch bei Kompositionen von Franz Liszt die solistische Pranke gezeigt, so beweist er nun beim lyrischen Spätwerk von Johannes Brahms ein ganz feines Händchen. Sein Spiel besticht durch großen Farbenreichtum, eine hohe Anschlagskultur und Präzision im Detail. Und wenn wie beim ersten Capriccio aus op. 116 Brahms’ Klaviersatz dramatisch auflodert, dann ist auch dies bei Markus Groh in besten Händen.“
(Georg Rudiger, Partituren, Juli/August 2008)
„Der deutsche Pianist Markus Groh war lange skeptisch, was das Medium CD angeht. Trotzdem wurde seine Liszt-Aufnahme vor anderthalb Jahren euphorisch aufgenommen und von Kritikern in aller Welt als neue Referenz gefeiert. Ähnliches könnte nun auch mit der neuen Brahms-CD von Markus Groh passieren. Er versenkt sich vollkommen in diese Stücke, entwirrt deren offene und versteckte Polyphonie und bietet eine reiche Farbenpalette vom verschleierten pianissimo bis zum kernigen fortissimo. Ein vorbildlicher Brahms – intellektuell erfasst und doch urmusikalisch und zu Herzen gehend.“
(Wilfried Schäper, Radio Bremen, 25.7.2008)
„Zunächst zur Klangtechnik. Sie hat mich sofort begeistert. Das Instrument klingt wunderbar räumlich und natürlich; das Schwingen der Klaviersaiten vermittelt sich – unabhängig davon, wie viel Pedal Markus Groh benutzt – über die fünf Lautsprecher-Kanäle auf optimale Weise. Den Aufnahmetechnikern ist es gelungen, das Spezifische von Grohs Anschlag, die Farbigkeit seines Klavierspiels hörbar zu machen. (...) Sein Brahms-Spiel ist erfüllt und genau ausgelotet. Es besitzt entweder die nötige Fülle oder lebt von einer fast grazilen Schlankheit – eine Balance, an der schon mancher Pianist bei Brahms‘ mitunter verschrobener Musiksprache gescheitert ist. Grohs Spiel zeugt von innerer Ruhe und Kraft. Selbst in den rascheren und dynamisch weiter gefassten Stücken bewahrt Groh stets einen Sinn für die gesangliche Melodieführung – wie etwa in der Ballade aus den Klavierstücken op. 118. (...) Großes Plus dieser Aufnahme ist die atmosphärische Kraft, mit der Groh diese kleinen, maximal sechs Minuten langen Stücke ausfüllt. Seine Darstellung ist durchdacht, aber nie vordergründig analytisch. Er spielt vorsichtig elegant und feinsinnig, aber auch mit der nötigen Arm-Schwere; mit einem herrlich flexiblen Anschlag und der Fähigkeit, diese Werke zu ganz eigenen Stimmungsbildern zu verdichten: Brahms als Vorbote des Impressionismus, Brahms als reifer Poet.“
(Christoph Vratz, SWR 2, 28.6.2008)
„Markus Grohs jüngste Veröffentlichung mit späteren Brahms-Klavierwerken (...) hat Tiefe und Reife, die man bei vielen jungen Tastenstürmern vermisst.“
(Manuel Brug, Die Welt, 6.5.2008)
„Das Können des deutschen Pianisten Markus Groh ist bisher – abgesehen von einer grandiosen Liszt-CD – nicht umfangreich auf CD dokumentiert, was auch an Grohs erklärter Abneigung gegen das Aufnahmestudio liegt. Er selbst sagt dazu wohltuend uneitel im Begleitheft zur aktuellen CD: ‚Ich wollte nicht nur erwachsener werden, sondern mich auch hinterher nicht über eigene Aufnahmen ärgern müssen...’ Nun, wir können den früheren Gewinner des prestige-trächtigen Brüsseler Königin Elisabeth-Wettbewerbs (1995) beruhigen: Seine vorliegende Neu-Einspielung der späten Brahms-Klavierstücke der Zyklen opus 116 bis 119 läst uns die zwischen wehmütigem Lebensabschied und unbändiger Lebensenergie changierenden Stimmung des Komponisten auf ergreifende Weise nach-erleben. Eine Aufnahme, bei der man sich im Anhören gelegentlich in eine andere Welt entrückt fühlt.“
(Thorsten Weber, NDR Kultur, 18.5.2008)
„Markus Groh hat (...) eine ebenso sensible wie klanglich ausgefeilte und in den Beziehungen zwischen den Einzelstücken aufschlussreiche Aufnahme vorgelegt. Ansprechend ist das Ergebnis vor allem, weil die Interpretation trotz der mitunter melancholischen Züge und dramatischen Untertöne von Brahms’ Musik nicht im Trübsinn verhaftet bleibt, sondern – in freier Entfaltung des Klanges – auf ungewöhnlich entspannte Weise den für Brahms so wichtigen Aspekt des Singens in den Mittelpunkt rückt. Grohs Vorteil ist, dass er einerseits in der Vollgriffigkeit mancher Passagen klangvoll bleibt, andererseits aber auch im Piano einen sehr differenzierungsfähigen Anschlag besitzt. Bei alldem verzichtet er keinesfalls auf die lyrische Komponente – der transparent gezeichnete Gesang etwa im ‚Più Adagio’-Abschnitt aus op. 117 Nr. 1 belegt dies zur Genüge –, weiß aber auch den manchmal herben Tonfall der Musik – so im Intermezzo op. 117 Nr. 3 – zu treffen. Sehr gut gelingen dem Pianisten die Fantasien op. 116, die er in sehr unterschiedlichen Farben darstellt: Hier vermeidet er in den vier Intermezzi (op. 116 Nr. 2, 4, 5, und 6) das Pathos, mit dem sie gelegentlich übergossen werden, lässt vielmehr in Nr. 2 die gedeckte Farblichkeit dominieren, setzt den Gesang von Nr. 6 mit viel Leichtigkeit und das Capriccio op. 116 Nr. 7 in einem Tonfall erregter Leidenschaft bei deutlicher Nachzeichnung der Stimmengeflechte um. Besonders gelungen ist die Wiedergabe der kontrastierenden Aufeinanderfolge in den Clavierstücken op. 118: Ganz im Sinne einer zyklischen Darstellung wirken die einzelnen Kompositionen – mehr als in den übrigen Opera – musikalisch aufeinander bezogen, erscheint das im Charakter etwas unentschieden gehaltene Intermezzo op. 118 Nr. 4 wie ein Präludium zur Romanza op. 118 Nr. 5, deren verhaltener und im Mittelteil pastoraler Tonfall eine sehr feinfühlige Umsetzung erfährt und wiederum wie ein Atemschöpfen vor dem vollgriffigen Ausbruch im Intermezzo op. 118 Nr. 6 anmutet. Schließlich kann Groh auch mit seiner Wiedergabe der Clavierstücke op. 119 punkten: Das Intermezzos op. 119 Nr. 1 besticht durch fesselnde Darstellung der flüchtigen, sich erst im Verlauf verfestigenden Thematik, das Intermezzo op. 119 Nr. 2 glänzt durch facettenreiche Abwandlungen der Texturen und wirkt in der Wiedergabe wie ein Rückblick auf die Jugendjahre von Brahms. Und dem nach Moll umkippenden Schluss der großen Es-Dur-Rhapsodie op. 119 Nr. 4 verleiht der Pianist in seiner von rhythmischer Spannkraft geprägten Interpretation Größe, indem er ihn nicht unnötig verrätselt, sondern ihn wie eine musikalische Konsequenz des eher heiteren Intermezzos op. 119 Nr. 3 zeichnet – und damit eine sehr geschlossene Einspielung des anspruchsvollen Brahmsschen Spätwerks abrundet.“
(Stefan Drees, www.klassik.com, 21.8.2008)
„Aus jeder Nuance spricht Grohs Souveränität, nicht nur in Bezug auf die Behandlung des Instruments, sondern vor allem für die Emotionen dieses Alterswerks, die der Pianist zu seinen ganz persönlichen Aussagen werden lässt – als würde er sie soeben durchleben. Und genau dies macht diese Aufnahme so besonders: die kontrollierte Spontaneität. Dass dieses Vorgehen auch Risiken birgt, versteht sich von selbst, denn Groh geht an Grenzen, die er hervorragend besteht. Und er zeigt einmal mehr, welch nachdenklich-grandioser Pianist er ist.“
(Carsten Dürer, Piano News, Juli/August 2008)
In English :
Markus Groh has built a considerable reputation as a Liszt interpreter, and his recording of the composer's B minor sonata and Totentanz was widely admired. For his follow-up he has gone to the opposite pole of late 19th-century German romantic piano music, to the intensely intimate and intensely understated world of Brahms's late pieces. There's much to admire in Groh's playing of these four sets – rearranged on the disc so it begins with the three intermezzi of Op 117 and ends with the set of four pieces of Op 119 - especially the beautifully judged palette of keyboard colours with which he shades these exquisite pieces. (...) Groh's playing has a musicality and honesty“.
(Andrew Clements, The Guardian, 20.6.2008)
„Brahms was a deeply thoughtful composer, with a love of the piano that was expressed throughout his life. Although remembered by many for his symphonies, Brahms didn't begin composing those until he was in his forties; for many years, he focused primarily on writing piano works and chamber music. Towards the end of his life, Brahms reflected on what had gone before by writing a series of wisttful Intermezzi: life-affirming pieces which also display a sense of melancholy at times. They're technically demanding, but performed outstandingly here by the young German pianist Markus Groh, who is quickly becoming one of the most in-demand soloists of his generation.“
(Simon Bates, Classic FM, Juni 2008)
Franz Liszt : Sonata in b Minor, Fantasy and Fuge B A C H, Totentanz for Piano Solo
AVIE AV 2097
Ardent spontaneity in three transcendent works of Liszt (EDITOR'S CHOICE : Gramophone Magazine)
Markus Groh's own booklet-notes - effusive as they are informative - take the form of a letter to Liszt. 'Please forgive me for contacting you directly,' he writes to the composer. 'You may perhaps find it naive, stupid or even pretentious of me, but I must simply tell you how important the pieces on this recording are to me.' The proof of the pudding is in Groh's performances on this outstanding disc. Here is Liszt playing of rare passion and musical integrity. There is no tip-toeing round the great B minor Sonata, no imposition of self-conscious effects or losing the thread through over-interpretation. Over and above its masterful construction and ingenious thematic interplay, it is a virtuoso vehicle that should thrill the listener - and Groh scintillates. This is no superficial pell-mell reading - it is artfully and judiciously paced - but the clarity of detail combined with such ardour and spontaneity make this a most impressive account (the vivamente non legato section from 8'40" to the end of the 'first movement' is a good example of what I mean).
In addition, Groh produces a lovely sound throughout the dynamic range - even when he is rattling the lowest bass strings in the B-A-C-H Fantasia. Cziffra is hardly more imposing than Groh (winner of the 1995 Queen Elisabeth Competition, incidentally). More thunder and fireworks follow in Liszt's own solo version of his Totentanz, its transcendent difficulties brushed aside with aplomb and exuberant relish. My only complaint is that there are no entry points on the CD, just three tracks for the three works. But if I may reply to Groh on behalf of Liszt: 'You play well, young man and, yes, you understand me.' THE GRAMOPHONE E-NEWSLETTER, Jeremy Nicolas
Yet another Liszt Sonata? Well yes - but read on. Markus Groh is no run-of-the-mill virtuoso and this new recording is one that should be taken very seriously indeed. From the solemnity of the opening, it is immediately clear that this is going to be a reading in which the player's brain is fully engaged - there is a brooding concentration here that makes one sit up and take notice. And as Groh launches into the first dizzingly quick section of this vast structure, his control not only of the technical demands but also of musical line and trajectory is formidable as well as properly swashbuckling. This is, in short, pretty awesome playing, and so it continues throughout the Sonata. All of this is captured in piano sound that is little short of dreamworthy. For comparison I listend to three favourite versions: Martha Argerich, Lazar Berman (...) and Cifford Curzon. How does Groh stand up to that kind of competition? Stunningly well, I have to say. Curzon has an overall view of the work that is perhaps the most serious and persuasive of any. Berman's live performance is obliteratingly good in terms of visceral excitement, and Argerich's imagination and commitment are exceptional, but Groh can hold his head up in this very distinguished company. His ear for the complex textures of this music is remarkable and this pays huge dividends in the Fugue, while in general terms he also shares something of Curzon's over-arching, symphonic conception of the piece. Like all three of the great pianists already mentioned (...), Groh also draws a dazzling array of colours from his Steinway. The two other items on the Prgramme are both alternative versions of works better known in other instrumentations: the Fantasia and Fugue on B-A-C-H for organ, and the Totentanz for piano and orchestra. Groh makes a good case for the solo version of the latter, though he cannot quite match the electrifying combination of Byron Janis and Fritz Reiner in the piano and orchestra version. It's for the Sonata that this disc is really worth hearing, and as well as outstandingly good recorded sound, there are also interesting notes by Groh himself - rather touchingly written in the form of a letter to Liszt - which include some intelligent insights into the music that are compellingly articulated in the performances themselves. An impressive disc, well worth exploring. INTERNATIONAL RECORD REVIEWS, September 2006
If you have the chance to hear Markus Groh play anywhere near you, I should grab it - at least, if he plays as enticingly well in concert as he does on this disc. This is five-star Liszt playing, which means having a transcendental technique, power in reserve, an instinctivegrasp of structure and the ability to take risks. The great Sonata in B minor comes off spendidly (superbly recorded, as is the whole recital), the B-A-C-H Fantasy is one of the most compelling accounts i've ever heard, while the knuckle-breaking solo version of the totentanz is as chilling as it is thrilling. Altogether a terrific disc. CLASSIC FM MAGAZINE, August 2006
New kid on the block (almost), Markus Groh scowls for the camera for a programme including Liszt's finger-breaking transcription of Totentanz. Technique and grasp of the idiom are total. His bravura reminds one of Cziffra but there's more intellectual control. One of the most powerful accounts of the Sonata on disc, yet one might query Groh's mastery of overall architecture. HIFI NEWS, August 2006
In one flowing movement the German pianist Markus Groh delivers the Everest of piano sonatas. No tracks interrupt the natural changes of speed and mood. Although the slow opening lacks the tension that a stealthier staccato might have provided, his brilliant articulation and roaring fortissimo, interspersed with passages of supreme lyricism, resound so thrillingly that Liszt's present unpopularity seems quite unjust.
The complexities are plain in Groh's grip, with the final fugue especially exciting. Two other Liszt works balance the disc. The stern, passionate reverence of the Fantasy and Fugue is touched with playfulness and longing, and he demonic music-hall laughter and seesawing glissandi of the Totentanz reveal Groh to be a master of this former star composer. THE TIMES, April 22/23, 2006
Markus Groh's Liszt CD
"For God's sake! Not another recording of the B minor Sonata!" says Markus Groh to his Most revered Master, adopting the persona of the composer before justifying his adding to the tally in his imaginary address.
Readers of Musical Pointers will not expect a comparative survey from us and being a Liszt-avoider I do not have any CDs of the B minor sonata! This recording will serve very well to fill that gap!
Writing as a confirmed sceptic, it has been a pleasure to encounter the sonata after several years in the capable hands of the 1995 winner of the prestigious Queen Elizabeth Competition in Brussels, as good a recommendation as you can have in this competition-dominated musical world. His account is lucid, pianistically impeccable in virtuosity and in sensitive phrasing and he builds the sections anto a convincing unity. The recording sound is of demonstration class, and the CD is greatly enhanced by the couplings with less over-played works.
Having enjoyed recently a rare performance of Liszt's Totentanz with the Orchestra of the Royal Academy of Music, I was intrigued to hear Groh play the solo piano arrangement by the composer. This works well, and was contrasted with the contrapuntal edifice which Liszt build upon J S Bach's initials.
Recommended to Lisztians and others who are as open-minded as I was not! MUSICAL POINTERS, April 2006
In German :
Auf den Flügeln des Gesanges (PIZZICATO : SUPERSONIC AWARD)
Wenn man zahllose Interpretationen der Liszt-Sonate gehört hat und beim Abhören einer neuen Einspielung vollends aus dem Häuschen gerät, dann muss Großartiges passiert sein. Die Neuaufnahme mit Markus Groh setzt auf Kontraste, aus riesige Dynamik-Variationen und reiht Delikat-Intimes an Grandioses, tiefes Bass-Grollen an hellste Glocken, und das alles auf den Flügeln des Gesangs. In seiner Analyse im Booklet erklärt er seine Intention: Nicht nur Bezüge zum Faust-Stoff gebe es in dieser Sonate, sondern auch zum biblischen Schöpfungsmythos. Groh fasst die Sonate also als musikalische Episoden auf und dringt dabei sehr weit in die Musik ein, mit einer unglaublichen Vielfalt an Texturen und Stimmungen, mit immer neuen Höhepunkten. Dabei wird die Klaviersprache so klar und der Klang bleibt immer so schön, dass man dieser musikalischen Erzählung, bei der Brahms eingeschlafen sein soll, gespannt zuhört. So rhetorisch und so schlüssig habe ich diese Sonate nun wirklich noch nie gehört, auch wenn mir eine ganze Reihe hervorragender Aufnahmen bekannt sind.
Direkt elektrisierend wird auch die Fantasie und Fuge über B-A-C-H gespielt, während der Totentanz wirklich jene langsam gesteigerten ekstatischen Züge erhält, von denen in vielen Darstellungen dieser Tänze die Rede ist.
PIZZICATO, September 2006
In Form eines Briefes beginnt der Pianist Markus Groh, der im Jahre 1995 den Prix Reine Elisabeth in Brüssel gewonnen hatte, den Einführungstext zu seinem neuen Album (Avie AV 2097, im Vertrieb von Musikwelt) mit drei Klavierwerken von Franz Liszt: "Hochverehrter Maestro! Verzeihen Sie bitte, dass ich mich so direkt an Sie wende. Um Himmels willen! Nicht noch eine Aufnahme der H-Moll-Sonate', höre ich Sie schon ausrufen. Aber vielleicht freut es Sie auch - und es überrascht Sie sicherlich, dass die Sonate mittlerweile das am häufigsten eingespielte Klavierwerk ist. Falls nicht, dann gefällt es Ihnen hoffentlich, dass ich mich auch noch um zwei andere, vernachlässigtere Werke gekümmert habe, die, wie ich finde, mit Ihrer Sonate einiges gemeinsam haben." Grohs Spiel zeichnet sich aus durch die Symbiose von Furor und Poesie. Selbst im dreifachen Fortissimo bleibt der Klang des Klaviers rund, unforciert, ohne Diskanthärten. Plastisch die Staccati im Pianissimo, strömend phrasiert die Cantando-Passagen. Dem Pianisten gelingt es, eine feine Balance zwischen explosiven Ausbrüchen und filigraner Durchzeichnung herzustellen. Es gibt keine willkürlichen Tempo-Rückungen - weder jähe Accelerandi noch gefühlige Verlangsamungen, keine rhetorische Zuspitzung. Bei den "vernachlässigteren" Werken handelt sich um die Fantasie und Fuge über B-A-C-H und den sogenannten Totentanz: Variationen über das "Dies Irae"-Thema der Gregorianischen Totenmesse, von Liszt zunächst geschrieben für Klavier und Orchester. Auch in der Klavierfassung bleibt der Klang eines Orchesters - Einwürfe der Hörner, Holzbläserfarben - hörbar. Die gewaltigen Oktavgänge, die irrlichternden Figurationen im Diskant und die Klangtürmungen erfordern - wie Hubert Stuppner es in seinem Buch "Mephistowalzer" beschrieben hat - das Temperament eines "Höllenkünstlers" für diese dämonische Invokation. Den infernalischen Klang entfaltet Markus Groh mit orchestraler Fülle, aber beherrscht selbst noch im äußersten Fortissimo, während er lyrische Episoden mit belkantischer Eleganz phrasiert. In dieser Interpretation sind die Empfindungen zu spüren, von denen Liszt in einem Brief an Hans von Bülow schrieb: "exubérance de coeur" und "amertume de coeur" - Überschwang des Herzens, Schmerz des Herzens. Und mit dem Stimmengeflecht der Hommage an Bach, ihren Doppeloktaven und Arpeggien, ließen sich wohl vier Pianistenhände beschäftigen. Virtuosentum und Poesie sind kein Widerspruch. Um Absolution beim Abbé braucht Markus Groh also durchaus nicht zu bitten. FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, September 2, 2006